Freie Texte (2)

Freie Texte

Ich bin genauso normal, wie du es nicht bist.

Autismus wirkt sich auf jeden anders aus, jeder autistischer Mensch ist verschieden, hat stärken und Schwächen.Mein Autismus ist nicht wie ein T-Shirt, das ich an- oder ausziehen kann, wie ich will. Er ist auch nicht eine zweite Person, die neben mir steht und mir Sachen zuflüstert. Nein, mein Autismus ist eher ein Teil von mir, so wie meine Hand ein Teil von mir ist. Er beeinflusst somit alle Bereiche meines Lebens. Ich würde meinen Autismus nicht als etwas grundsätzlich Negatives oder ...
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Die abstinente Kontaktfreudigkeit

"Wo sind die Leute da draußen, die an was besseres glauben" "ihr seid mir einfach zu leise" Oder auch das grandiose scheitern an der abstinenten kontaktfreudigkeit und warum es sich für mich so anfühlt als würde ich meine Seele an den Teufel verkaufen und brechen in 5000 Stücke. Diese Sätze sagen für mich eigentlich schon alles ziemlich deutlich, nur sollte ich es nochmal aufdröseln, weil alleine die abstinente kontaktfreudigkeit schon eine widersprüchliche Aneinanderreihung zweier Wörter ist. ...
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Wer wohnt da?

Wanderer, kommst du an den großen Binnensee mitten in der Stadt, bleib stehen und staune. Eine breite Allee führt am parkähnlichen Seeufer entlang; zwar ist diese stark befahren, aber Tempo 30 ist vorgeschrieben, und Zäune, Mauern und mächtige alte Bäume sorgen zusätzlich für die Ruhe der hiesigen Bewohner. Man gibt sich hier bescheiden und unauffällig, einerseits will man keinen Neid erregen, andererseits ist man auf Sicherheit bedacht. Wer wohnt wohl an der Adresse Schöne Aussicht Nr. 7? ...
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lange Wellen..auf dem Meer

leicht zischend und aufbäumend, unaufhaltsam und doch mit Plan, mal ganz glatt mal aufschäumend, mal schnell dann langsam getan, irgendwie grazil nach vorne blickend, farblich wirkend wie ein wildes Spiel, manches Treiben schnell erstickend, für manches Leben ein kleines Ziel, entweder ganz oben ankommen, je nach Geschick und Lebenslage, auch nach unten ganz benommen, tobt es oder genießt die Tage, die lange Welle ist es gewesen, auf dem Meer draussen keine Frage, und sie ist noch da und hier zu ...
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Die Katastrophe

Das Leben ging weiter, als wäre nichts geschehen. In diesem Jahr war das Weihnachtfest wieder besonders schön. Erich sagte: "Sieh nur, Heini, wie die Augen des Kleinen strahlen! Mir wird direkt warm ums Herz." "Ja", sagte Heini, "ihr verwöhnt ihn ja auch ganz schön." Vater war ein bisschen traurig. Seine Stimme klang heute ganz anders. Später dachten wir oft darüber nach, ob er wohl etwas ahnte. Er war doch sonst immer der Verrückteste. Silvester waren wir alle platt. Vater ging schon um neun ...
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Gelbweiss gepunktet

Das Licht trifft mich hart, als ich die Augen öffne. Sie sind schwer, klebrig und trocken. Habe sehr spät in den Schlaf gefunden und bin dafür viel zu zeitig wach. Fühle mich wie überfahren, der Rücken schmerzt, alles fühlt sich unflexibel und irgendwie hart an. Schnalze mit der Zunge. Pelzig. Trocken. Bemühe mich, die Augen aufzumachen, über den Schmerz hinweg. Wenn ich das geschafft habe, wird es dann meist schnell besser. Unter meiner gelbweiss gepunkteten Bettwäsche raschelt es vorsichtig. ...
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Der Sommer war endlos

Der Sommer war endlos. Die Hitze war aushaltbar. Die Liebe war groß. Ich erinnere mich an die Sommer auf dem Dorf. Wir konnten nicht nur Kind sein, sondern auch erwachsen und alles dazwischen. Wir waren alles. Wir waren Gott. Und das beste: wir wussten es, aber es wurde nicht gesagt und nie auch nur gedacht. Wir waren das Flimmern auf der Straße. Wir waren das Gewitter, das sich dankbar und erschöpft über den Feldern entlud. Wir waren das billige Wassereis aus dem kleinen Geschäft in der Mitte ...
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Beide Pachamamas

Der Duft mehliger Äpfel bei Oma bestrickte jeden schlechthin. Meine Großmutter war die erste große Pachamama für unsere Familie und meine Träume. Sie pflegte einen zaubervollen Obstgarten, in dem viele Sorten von Apfelbäumen über den Lenz aufblühten und Früchte im Spätsommer oder im Frühherbst trugen. Und die Ontologie der Äpfel war der Pachamama und deren Freunden Insekten zuvörderst bekannt – sie schimmerte auch in dem Zauber der Thaddeus’ Scheune, des Onkels, der einen Pachamama-Altar zu ...
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Die Suche nach den Gefühlen

Die Dunkelheit ist zäh und dickflüssig. Sie drückt mich auf den harten, steinigen Boden. Ich liege auf dem Bauch, meine Wange von den Steinen wund gekratzt, mein Blick zur Seite. Schwarz. Mir scheint kalt zu sein, jedoch kann ich es nicht fühlen. Taubheit. Sie durchströmt meinen Körper und trotzdem ist jede Faser von Schmerz erfüllt. Mein Kopf dröhnt, als ich ihn leicht anhebe und nach oben schaue. Weit in der Ferne kann ich Licht erkennen. Ich schliesse die Augen und lasse meinen Kopf seufzend ...
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Wie kann man nur so wenig Empathie haben?

Hab Mitleid mit mir, denke ich, während sich die gelben Türen wie das Gähnen einer Katze langsam zuckend öffnen und die U-Bahn ein Schwall Menschen ausspuckt. Schwunglos treten die Fahrgäste aus und ich presse meine Arme an meinen Körper, während sie sich an mir vorbeischlängeln. Endlich betrete ich den Wagon, die Sitzplätze sind alle besetzt. Ich halte mich mit der freien Hand an der Stange fest. Es ist 7:52 Uhr und um 8 Uhr habe ich mein Meeting. Die Hitze meines Kaffees kriecht sich durch ...
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Fachkräftemangel

Zu dieser Stunde wird niemand von uns durch das Berufsleben gehen können, ohne mit dem Begriff "Fachkräftemangel" in Berührung zu kommen. Er ist allgegenwärtig: Die Alten werden nicht gepflegt, die Jungen nicht erzogen. Dem Klimawandel kann nicht die Stirn geboten und die Digitalisierung nicht vorangetrieben werden. All das, weil es niemanden gibt, der diese Berufe ausüben möchte. Wieso nicht? Sie sind doch gefragter denn je! Pflegepersonal? Brauchen wir! Handwerker? Her damit! Gastronomen? Auch ...
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Von Schlümpfen und blauen Häusern

An Tagen, an denen die liebe Sonne scheint und unsere Herzen mit Wärme und Hoffnung flutet, gehe ich ganz besonders gern spazieren. Meist laufe ich immer dieselben Runden mit meinen zwei Vierbeinern. Mittlerweile haben sich bei den verschiedenen Routen auch entsprechende Titel etabliert. So gibt es da die Blaue Haus-Runde. Das Blaue Haus ist ein Einfamilienhaus in unserer hiesigen Siedlung, das blauweiß und mit Schalke 04-Schriftzug bemalt worden ist. Muss ein echter Fan sein, der da wohnt. Sein ...

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